Der Vorlesungszyklus zur „Umwelt der Heiligen Schrift“ umfasst zwei Lehrveranstaltungen, die den Einfluss der jeweiligen geistigen und religiösen Strömungen auf die biblische Literatur aufzeigen und reflektieren. Wir folgen der Leitfrage: Wie stark waren die biblischen Autoren von den verschiedenen Kulturen und Religionen in ihrer Nachbarschaft (ihrer „Umwelt“) beeinflusst? Welche Auswirkungen haben diese Einflüsse auf die Entstehung des biblischen Juden- und Christentums? Anhand der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den „benachbarten“ Religionen soll das Spezifische des biblischen Juden- und Christentums herausgearbeitet werden. Schließlich soll reflektiert werden, in welchem Beziehungsverhältnis das biblische Judentum zum Christentum selbst steht.
Die erste, in diesem Wintersemester 2019/20 stattfindende, Lehrveranstaltung „Umwelt der Heiligen Schrift I“ gliedert sich in zwei Teile: Der erste führt in die Geschichte und in die Literatur des Vorderen Orients ein. Wir befassen uns mit den ersten Stadtstaaten dieser Welt, nämlich den sumerischen in Mesopotamien, schlagen von dort den Bogen zu weiteren benachbarten Kulturen, wie den akkadischen, babylonischen und assyrischen, und lassen auch die ägyptischen Reiche nicht außer Acht. Im zweiten Teil der Vorlesung wenden wir uns der biblischen Literatur zu. Wir untersuchen die einzelnen Schriften und Schriftkomplexe des Alten Testaments hinsichtlich ihrer Struktur, ihres Inhalts, ihrer literarischen Eigenarten und ihrer Entstehung. Dabei legen wir jeweils abschließend einen besonderen Schwerpunkt auf die Frage, inwieweit die biblischen Schriften von altorientalischen und ägyptischen Vorstellungen beeinflusst sind: Inwiefern greifen die biblischen Autoren und Autorinnen Motive etwa aus dem Gilgamesch Epos, Enuma Elisch oder aus der Lehre des Amenemope auf und transformieren diese?