Auch wenn wir es gewohnt sind, von autonomen Individuen auszugehen, die gemäß ihrem freien Willen handeln, sind wir in diesem Handeln - und folglich auch darin, wie wir uns handelnd als Personen verwirklichen - in hohem Maße von kulturellen Plausibilitäten und gesellschaftlichen Positionen (Mitgliedschaften, Ressourcenzugänge, Handlungsspielräumen) bestimmt. Auch hängt unser Selbstverständnis eng mit dem Verständnis des Sozialen zusammen, also damit, wie wir glauben, dass Menschen zusammenleben, sich gegenseitig beeinflussen und wechselseitig voneinander abhängig sind. In dieser Vorlesung geht es um Theorien der Gesellschaft. Gefragt wird nach den "Bildern", die in diesen Theorien vom Zusammenleben der Menschen gezeichnet werden. Ist die Gesellschaft primär ein Kooperationssystem, in dem – an sich nicht aufeinander angewiesene – Einzelne individuelle Vorteile realisieren können? Oder sind die Einzelnen verletzlich, auf Kommunikation und Kooperation angewiesen, so dass sie erst in diesem Miteinander ihre Identität gewinnen? Welchen Einfluss haben wir auf großräumige soziale Zusammenhänge wie z.B. das Wirtschaftsystem - oder: haben wir darauf überhaupt einen Einfluss? Welche Chancen haben wir, in politischen oder ökonomischen Interaktionen von gängigen Handlungserwartungen abzuweichen?