„Ja, sehen Sie, man hat mit Jesus in Wahrheit doch nur etwas zu tun, wenn man ihm um den Hals fällt und in der Tiefe seiner eigenen Existenz realisiert, dass so etwas auch heute möglich ist.“ (K. Rahner, Was heißt Jesus lieben?, Freiburg 1982, S.27). Man mag erstaunt sein, dass ein Theologe und Wissenschaftler, der nicht gerade für seine Emotionalität bekannt war, die Bedeutung einer persönlichen Beziehung des heutigen Menschen zur Person Jesu Christi auf solche Art und Weise ausdrückt und ihr eine Priorität vor aller fachwissenschaftlichen Reflexion einräumt. Um allerdings das liebend-personale Verhältnis von Menschen zur Person Jesu Christi theologisch zu rechtfertigen, bedarf es für Rahner der ganzen Anstrengung theologisch-systematischen Denkens im Gespräch mit der historisch-kritischen Exegese, der Philosophie bis hin zu den Naturwissenschaften.

Im vergangenen Wintersemester haben wir bereits die ersten fünf „Gänge“ des Grundkurses im Rahmen eines Hauptseminars gelesen und besprochen. Dabei sind wir bis zu den ersten Seiten der Christologie Rahners gekommen. Weil unter den Studierenden ein großes Interesse vorhanden war, die Lektüre des „Grundkurses“ fortzusetzen, soll in diesem Semester insbesondere die Christologie und Ekklesiologie in Rahners Grundkurs Thema eines Hauptseminars sein. Diese Thematik kann auch im Sinne einer vertiefenden Begleitung der Vorlesungen in Christologie I und Ekklesiologie II verstanden werden. Da die Christologie und Ekklesiologie des „Grundkurses“ recht eigenständige Themen darstellen, ist eine Teilnahme möglich, auch wenn man das Seminar im vergangenen Semester nicht besucht hat. Als einleitende Lektüre seien in diesem Fall die (gut les- und verstehbaren) Seiten 78-146 in: Michael Schulz, Karl Rahner begegnen, Augsburg 1999, empfohlen.

Das Seminar möchte die Erschließung eines klassischen (anspruchsvollen!) theologischen Textes einüben. Darüber hinaus will das Seminar eine Hilfestellung leisten, Rahners Grundideen im Blick auf seine Christologie und Ekklesiologie zu erfassen. Dabei sollen auch kritische und anders akzentuierte Entwürfe mit einbezogen werden, um den Teilnehmenden zu ermöglichen, eine selbstständige Position zur Frage nach einem theologischen Verständnis der Person Jesu Christi und seiner Kirche einzunehmen.