Der christliche Glaube an die Dreieinigkeit Gottes und seine theologische Entfaltung erscheinen heutzutage höchst ambivalent. Einerseits war es angesichts der zunehmenden Anfragen von Seiten des Judentums und insbesondere des Islams in der Theologiegeschichte vermutlich niemals nötiger - und auch hilfreicher -, den Trinitätsglauben theologisch zu explizieren. Zum anderen sieht sich eben diese Aufgabe mit der Tatsache konfrontiert, dass die traditionelle Terminologie der Trinitätslehre - die Rede von „Substanz" etwa oder von „Person" - über die Jahrhunderte hinweg einen Bedeutungswandel durchlaufen hat, der es verbietet, die alten Begriffe unreflektiert zu wiederholen, ohne beispielsweise hinsichtlich der Einheit Gottes Missverständnisse heraufzubeschwören.
Diese Ambivalenz fordert die Dogmatik dazu heraus, sich ihrer Tradition neu zu vergewissern, zugleich aber auch nach begrifflichen Artikulationen zu suchen, die einerseits das Verständnis der überlieferten Trinitätslehre erleichtern - oder überhaupt erst ermöglichen -, andererseits aber die alten und weiterhin aktuellen trinitätstheologischen Häresien wie Modalismus oder Tritheismus vermeiden.
Angesichts dieser Herausforderung erschließt die Vorlesung Wegmarken trinitätstheologischer Reflexion, wie sie sich im Anschluss und als Entfaltung der dogmatischen Grundlegungen im 4. Jahrhundert auf den Konzilien von Nikaia und Konstantinopel in der Geschichte christlicher Theologie bis in die Gegenwart hinein darbieten. Zugleich wird gefragt, was die verschiedenen neueren trinitätstheologischen Entwürfe leisten und wo ihre Grenzen liegen.