In einer bereits vor einigen Jahren realisierten Umfrage unter Jugendlichen in Leipzig lautete die Antwort auf die Frage, ob sie eher religiös oder eher atheistisch seien: Weder noch, normal halt. Nicht die Existenz Gottes, sondern die Frage nach Gott sei fraglich geworden, folgert deshalb Magnus Lerch in der neuesten Communio-Ausgabe. Nicht allein die Rationalität, sondern die Relevanz des Glaubens ist alles andere als einsichtig. Selbst ein italienischer Theologe spricht deshalb ohne Schaum vor dem Mund von den Millenials als der „ersten ungläubigen Generation“ (Matteo). Die Optionalität und Unselbstverständlichkeit des Glaubens bekommen damit noch einmal eine neue Schärfe. Nun verschwindet mit der religiösen Indifferenz der Glaube keineswegs. Im Gegenteil: Wiederholt wurde ausgearbeitet, dass der christliche Glaube vor allem in der westlichen Welt zur Entscheidungsreligion wird. Doch eine solche Form des Entscheidungsglaubens und die damit verbundene Glaubensgewissheit ist nicht unproblematisch. Nicht nur im Christentum kann sie mit Abgrenzung, Überlegenheit und Exklusivität einhergehen. Eine solche, vor allen Dingen auf Differenzziehung ausgelegte Form des Entscheidungsglaubens hat auch Auswirkungen auf das Verhältnis von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften zu Staat und Gesellschaft. So registriert Katja Voges von Missio, dass die Differenz von Glaube und Unglaube weltweit zunehmend Leitdifferenz oder zumindest Implikation staatlichen und gesellschaftlichen Handelns ist – oftmals zu Ungunsten von Glaubensgemeinschaften. Diese Verquickung von steigender Indifferenz und identitärer Differenzziehung stellen vor zumindest zwei grundlegende theologische Probleme:

a) Die religiöse Indifferenz, die durchaus nicht mit einer humanen Gleichgültigkeit und Egoismus einhergeht, lässt fraglich erscheinen, inwiefern der Gottesglaube tatsächlich zum erfüllten Menschsein hinzugehört. Kurz, sie hinterfragt die Verbindung von Glaube und Anthropologie.

b) Die problematischen Formen religiöser Entschiedenheit lassen fraglich erscheinen, was ein „starker Glaube“ ist, ob er eine inhärente Tendenz zu religiöser Intoleranz hat und welche Formen von Glaubensgewissheit auch zwischenmenschlich verantwortbar sind.

Ausgehend von diesen grundlegenden Befunden wird sich das Seminar mit klassischen und gegenwärtigen christlichen Glaubensverständnissen auseinandersetzen.

 

Literatur

Zum Einlesen:

Erhard Kunz, Glaubwürdigkeitserkenntnis und Glaube (Analysis fidei), Handbuch der Fundamtentaltheologie Bd. 4, Freiburg 1988, 414-449.

Lerch, Magnus: Wenn ohne Gott nichts fehlt: religiöse Indifferenz. In: Communio 50 (2021), 4-21.

 

Leistungsnachweis

Angaben folgen demnächst.