Zwischen 2016 und 2019 wurde das Diakonat der Frau in der frühen Kirche durch eine von Papst Franziskus eingesetzte Kommission wissenschaftlich untersucht – ohne eindeutiges Ergebnis. Wie im April 2020 bekanntgegeben wurde, berät inzwischen eine neue, ebenfalls von Papst Franziskus eingerichtete Studienkommission über das gleiche Thema. Status und Aufgaben von Frauen in den christlichen Gemeinden der ersten Jahrhunderte spielen in den aktuellen Diskussionen über die Möglichkeit der Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern eine nicht unwichtige Rolle.

Das Seminar „Frauen in der frühen Kirche“ hat das Ziel, anhand ausgewählter Beispiele eine Bestandsaufnahme in Bezug auf Rechte, Pflichten und Entfaltungsmöglichkeiten von Christinnen in der Antike zu bieten. Vorgestellt werden sollen Persönlichkeiten wie die ‚Paulus-Schülerin‘ und Erzmärtyrerin Thekla, die Märtyrerin Perpetua, die montanistische Prophetin Priska, die geweihte Jungfrau Makrina die Jüngere, die Apostolin Georgiens Nino, die Sarazenenfürstin Mavia, die Witwe und Hieronymus-Schülerin Marcella, die Rekluse Pelagia, die Pilgerin Egeria, Augustins Mutter Monika, die adlige Diakonin Olympias von Konstantinopel, die Kaiserin Theodora sowie die fränkische Königin und spätere Diakonin und Nonne Radegundis.

Zu fragen ist jeweils nach der Historizität der Überlieferung, nach der Einordnung der einzelnen Persönlichkeit ins historische Umfeld, nach der Art der Darstellung (welche Werte werden betont?), nach der jeweiligen Selbsterfahrung als Frau und der Nachwirkung im Leben der Kirche und in der Theologie.

Literatur

Zur Einführung

Ahearne-Kroll, S. P. (Hg.), Women and gender in ancient religions: Interdisciplinary approaches, Tübingen 2010.

Albrecht, R., Das Leben der heiligen Makrina auf dem Hintergrund der Thekla-Traditionen. Studien zu den Ursprüngen des weiblichen Mönchtums im 4. Jahrhundert in Kleinasien, Göttingen 1986.

Aspegren, K., The Male Woman. A Feminine Ideal in the Early Church, ed. R. Kieffer, Uppsala 1990 (Rezension: ZKG 104 [1993] 89-91 [A. Jensen])

Biernath, A., Mißverstandene Gleichheit: die Frau in der frühen Kirche zwischen Charisma und Amt, Stuttgart 2005.

Børresen, K. E. / Prinzivalli, E. (Hg.), Christliche Autoren der Antike, Stuttgart 2016.

Eisen, U. E., Amtsträgerinnen im frühen Christentum. Epigraphische und literarische Studien, Göttingen 1996.

Eisen, U. E., Doing gender – doing religion: Fallstudien zur Intersektionalität im frühen Judentum, Christentum und Islam, Tübingen 2013.

Hainthaler, Th., Diakonat der Frau, in: M. Eckholt/U. Link-Wieczorek/D. Sattler/A. Strübind (Hg.), Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene, Freiburg i.B., S. 232–246.

Hofmann, J., Frauen, die die Kirche prägten. Lebensbilder aus den ersten sechs Jahrhunderten, St. Ottilien 1998.

Jensen, A., Frauen im frühen Christentum, Bern 2002.

Jensen, A., Gottes selbstbewußte Töchter. Frauenemanzipation im frühen Christentum?, Freiburg 1992.

Lehtipuu, O. / Petersen, S. (Hg.), Antike christliche Apokryphen. Marginalisierte Texte des frühen Christentums, Stuttgart 2020.

Mayer, Cornelius, Würde und Rolle der Frau in der Spätantike. Beiträge des II. Würzburger Augustinus-Studientages am 3. Juli 2004, Würzburg 2007.

Nürnberg, R., "Non decet neque necessarium est, ut mulieres doceant". Überlegungen zum altkirchlichen Lehrverbot für Frauen, in: Jahrbuch für Antike und Christentum 31 (1988) 57-73.

Petrey, T. G. (Hg.), Re-making the world, Christianity and categories. Essays in honor of Karen L. King, Tübingen 2019.

Sawyer, D. F., Women and religion in the first Christian centuries, London 1996.

Thraede, K., Art. Frau, in: Reallexikon für Antike und Christentum 8 (1972) 197–269.

Vogt, K., „Männlichwerden“ - Aspekte einer urchristlichen Anthropologie, in: Concilium 21 (1985) 434–442.

Winkler, D. W. (Hg.), Diakonat der Frau. Befunde aus biblischer, patristischer, ostkirchlicher, liturgischer und systematisch-theologischer Perspektive, Wien 2010.


Literatur zu einzelnen Persönlichkeiten wird im Laufe des Seminars angegeben.


Hinweise

Solide Griechisch- und Lateinkenntnisse werden im Hinblick auf die Diskussion der Quellen vorausgesetzt.